Am 1. Februar 2017 stand die zweite Sitzung des neu gewählten Bezirksrats 321 im DGH-Lamme auf dem Programm. Ursprünglich lies die Tagesordnung vermuten, dass es eher ruhig und beschaulich zugehen dürfte.
Vorstellung des Konzepts zur Nutzung der Flüchtlingsunterkünfte, die Sanierung der Burbacher Straße und verschiedene Themen die uns hier vor Ort bewegen und berühren. Im Grunde ging es um Themen die schon breit diskutiert worden sind:
Es ist bekannt, dass die Flüchtlingsunterkünfte in unserem Stadtbezirk einer gemischten Wohnnutzung zugeführt werden sollen. Bei der Burbacher Straße ging es letztlich darum, ob die Straße asphaltiert oder gepflastert werden soll. Dazu gab es eine Unterschriftenliste der Anwohner die sich mehrheitlich, zumindest auf der Liste, für Asphalt ausgesprochen haben.
Allerdings wurde seitens der Verwaltung die Aussage getroffen, dass auf den vorherigen Informationsveranstaltungen eher eine Tendenz in Richtung Pflaster zu erkennen gewesen sei. Ich persönlich kann die Argumente der Verwaltung für Pflaster gut nachvollziehen: Ein verkehrsberuhigter Bereich, aka Spielstraße, muss deutlich als Solcher zu erkennen sein. Das ist bei Pflaster deutlich eher der Fall als bei einer Asphaltstraße. Des Weiteren sollte auch das Gesamtbild im Stadtbezirk einheitlich sein: Viele Straßen wurden bereits in der Pflasterbauweise saniert. Folgerichtig entschied sich die Mehrheit (ich meine sogar einstimmig) der Bezirksratsmitglieder für die Sanierung der Burbacher Straße in Pflasterbauweise.
Aber das waren beides nicht das beherrschende Thema der Sitzung: das stand nichtmal auf der Tagesordnung.
Einen Tag vor der Sitzung erhielt ich, wie vermutlich auch alle anderen Bezirksratsmitglieder, eine “Mitteilung der Verwaltung außerhalb von Sitzungen”. Kurz und knapp wurde dort dargelegt, dass die Verwaltung plant die Kindertagesstätte (Kita) in Lehndorf am Saarplatz zum Juli 2017 komplett zu schließen und die bestehende Kindergartengruppen in den Madamenweg zu verlegen. Darüber wurden die Eltern, laut dieser Mitteilung, Ende 2016/Anfang 2017 informiert.
An der Stelle der Kita solle eine neue, reguläre Schulkindbetreuungsgruppe mit 20 Plätzen geschaffen werden.
Soweit, so naja. Es ist bekannt, dass gerade in Lehndorf ein erheblicher Mangel (wie auch in Lamme) an SchuKi-Betreuungsplätzen herrscht. Nicht umsonst wurde im Rat der Stadt Braunschweig erst kürzlich das SchuKi+ Programm beschlossen in dessem Rahmen 20 Betreuungsplätze an der Grundschule in Lehndorf geschaffen werden sollen – diese 20 Plätze sind bereits beschlossen. Es wären also 40, wenn die Kita geschlossen wird.
Am frühen Morgen des 01.02.2017, also am Sitzungstag, erreichte mich dann der Entwurf einer Stellungnahme der betroffenen Elternschaft der Kita Lehndorf, in welchem für mich als Vater von zwei kleinen Kindern sehr gut nachvollziehbar die Position der betroffenen Eltern geschildert wird.
Sicher benötigen wir dringend mehr SchuKi-Betreuungsplätze, aber doch nicht in der Art und Weise und nicht auf dem Rücken der Kindergartenkinder. Ich kann die Überlegungen der Verwaltung nachvollziehen. Jede Entscheidung ist eine Entscheidung zwischen dem kleineren und dem größeren Übel. Objektiv, nüchtern die Zahlen betrachtend, besteht bei den SchuKis der größere Bedarf.
Dennoch kann man die Eltern und die Kinder nicht in einer so kurzen Zeit vor solch eine Entscheidung stellen. Es handelt sich um Kleinkinder. Der Madamenweg ist weit weg. Die Anmeldefristen für das Kindergartenjahr sind abgelaufen. Eltern entscheiden so etwas nicht in sechs Monaten. So etwas wird lange vorher geplant. Die Kinder müssen in die Kita gebracht werden: Wer bringt sie? Mit dem Auto? Zu Fuss? Wie kann ich das mit meiner Arbeit vereinbaren? Und nicht zuletzt für Kleinkinder ist eine feste Umgebung wichtig.
Daher ist es dringend geboten Alternativen zu evaluieren. Die Kita sollte und darf nicht geschlossen werden. Vielmehr sind Alternativen für die SchuKi-Betreuung zu finden: Was spricht gegen das Aufstellen von Containern? Gibt es andere Räume die genutzt werden können? In diese Richtung muss sich der weitere Prozess entwickeln.
Ich kann den Eltern nur dringend raten sich zu engagieren.
Dann noch etwas zur Vorgehensweise. Einen Tag vor der Sitzung wurden die Mitglieder des Stadtbezirksrats durch die Verwaltung informiert. Und wie sich gestern herausstellte nur, weil das Thema bereits in die Presse durchgesickert war, sonst wäre diese “Mitteilung außerhalb von Sitzungen” erst in “ein bis zwei Wochen erfolgt”, also nach der Sitzung.
Gut. Formal ist das richtig. Formal! Es besteht keine Dringlichkeit: Die nächste Sitzung ist am 1. März 2017. Dort sollte das dann also Thema sein. Oder vielleicht nicht, wäre es nicht an die Presse geraten?! Und wie weit wäre der Entscheidungsprozess im März wohl schon gewesen – wir werden es glücklicherweise nicht erfahren. Was bleibt ist ein Geschmäckle.
Jetzt wird das Thema definitiv auf der Tagesordnung der nächsten Bezirksratssitzung stehen.
Politik sollte nicht die Eltern der Kita gegen die SchuKi-Eltern ausspielen. Politik sollte gar nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.
Es geht darum für beide Seiten eine gute Lösung zu finden. Diese Lösung darf und kann nicht so aussehen, dass die Kita in Lehndorf innerhalb von sechs Monaten geschlossen wird. Das kann und darf höchstens ein Modell mit langfristiger Perspektive sein. Für den Ausbau der SchuKi-Betreuung am Standort Lehndorf müssen daher Alternativen gefunden werden; zusätzlich zu den 20 Plätzen im SchuKi+.